Lyn Girwan hat bei ihrer Keynote beim BA Camp 2015 darauf verwiesen und auch wir verwenden sie sowohl in unseren Design Thinking Workshops, als auch bei der Business Analyse immer wieder und sehr gerne: die CATWOE Technik. Es ist gar nicht so einfach in Worte zu fassen, was diese Technik alles möglich macht und wie hilfreich sie ist.
Die meisten Probleme in Unternehmen werden durch unterschiedliche Weltanschauungen der wichtigsten Beteiligten verursacht. So meint eine Person in einem Unternehmen z.B., es wäre gut, die Ware möglichst günstig an den Mann zu bringen, während der andere vielleicht denkt, dass die Zielgruppe eher vermögende Kunden sein sollten. Oder: In einer Regierung ist ein Minister der Ansicht, dass der Staat mehr eingreifen sollte, während der andere vielleicht genau das Gegenteil will. Oder: Bei einer NGO sind einige Helfer der Überzeugung, dass sie mit ihrer Hilfe direkt die Linderung der Armut bekämpfen, während andere eher das Bewusstsein über Armut stärken wollen, um so indirekt zu helfen.
Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Das, was ich eigentlich zeigen will, wie wichtig es ist, genau solche Unterschiede an die Oberfläche zu bringen und explizit zu diskutieren, um danach an neue Lösungen und bessere Prozesse und Systeme zu denken.
Kurz gesagt: Die CATWOE Technik ermöglicht es Führungskräfte zu sehen, welche unterschiedlichen Perspektiven im Unternehmen zu einem Projekt, Prozess, System etc. existieren und wie alternative Denkmodelle aussehen könnten.
Und so funktionert es:
Am wichtigsten von allen Dinge, die wir bei der Beziehung zu unseren Stakeholdern beachten sollten, ist sicherzustellen, dass wir ihre Ideen, Prioritäten und Wünsche wirklich verstehen. Noch bevor wir Empfehlungen vorbringen, oder, noch schlimmer, diese in geschäftlichen Veränderungen implementieren wollen. Wir müssen verstehen, was diese Menschen wirklich wollen, was sie bewegt, wie sie denken und warum sie so und nicht anders denken. Das ist entscheidend, um in die richtige Richtung zu gehen. Denn wenn Sie nicht wissen, wohin Sie eigentlich wollen, werden Sie irgendwohin gelangen. Aber ob das das Ziel ist, mit dem wirklich alle zufrieden sind, sei dahingestellt.
Die meisten Stakeholder haben bereits vor der Einführung eines Projektes bereits fixe Ideen, in welche Richtung es gehen, welche Anforderungen in Angriff genommen werden sollten und welche Optionen für die Verbesserung und die Lösungen es gibt. Allerdings entstammen diese Ideen ihren persönlichen Anliegen, Überzeugungen, Werten und Prioritäten. Sie bilden die Basis ihrer Meinungen. Von diesen einfach abzuweichen ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Ein Versäumnis, diese Ansichten zu verstehen, kann zu wirklich ernsten Problemen später im Projekt führen, z.B. in den verschiedenen Schwerpunkten oder widersprechenden Anforderungen.
Die CATWOE Technik wurde von Professor Peter Checkland und seinem Team an der Universität Lancaster (1981) erfunden und ist ein ausgezeichneter Ansatz, um zu verstehen, wie die einzelnen Stakeholder ticken und welchen Einfluss diese auf die Projekte haben.
Die Abkürzung steht für die folgenden Elemente:
der Empfänger oder Auftraggeber des Unternehmenssystems.
Hilfreiche Fragen dazu sind:
die Rollen, die die Transformation (die wesentlichen Geschäftsprozesse) durchführen.
Hilfreiche Fragen dazu:
der Kernprozess, der die Dienstleistungen zum Kunden bringt.
Hilfreiche Fragen dazu:
die verschiedenen Werte, Überzeugungen und Prioritäten der Person für dessen Perspektive die CATWOE-Technik angwendet wird.
Hilfreiche Fragen dazu:
die Person oder Gruppe mit der Befugnis, das System erheblich zu verändern oder sogar zu schließen.
Hilfreiche Fragen dazu:
die Regeln und Einschränkungen, die als gegeben angenommen werden müssen.
Hilfreiche Fragen dazu:
Der Schlüssel für die CATWOE Technik ist das „W“, der so genannte Weltanschauungs-Check. Deswegen beginnt man bei der Technik auch mit dem „W“ und nicht etwa dem „C“. Denn das Verständnis der Sicht eines Stakeholders ist der grundlegende Schritt, um die subjektiven Bedürfnisse, Prioritäten und Werte zu verstehen. Diese offenzulegen und zu betrachten, hilft, (bewusst oder unbewusst) versteckte Absichten offen zu legen. Wenn das nicht passiert, sind Missverständnisse und oft sogar auch Konflikt vorprogrammiert.
Sobald die Weltsicht der einzelnen Stakeholder klar ist, überlegen Sie sich, wie die Transformation aussehen muss, damit sie zur Weltanschauung passt.
Nehmen wir nun beispielsweise die Perspektive eines Vertriebsmitarbeiter her: Ein Vertriebsmitarbeiter konzentriert sich typischerweise auf den Verkauf und will seine Provision wachsen sehen. Das ist also die Weltanschauung (W). Das Vertriebsteam als ganzes hat ihren Fokus auf die Verkäufe, damit auch in Zukunft die Provision gesichert ist. Daraus folgt, dass die Transformation (T) dazu führen sollte, dass ein potentieller Kunde einen Verkauf tätigt und so zu einem Kunden wird. Im Extremfall kann es passieren, dass die Vertriebsmitarbeiter glauben, dass der Verkaufsabschluss der einzige Zweck des Unternehmens ist. Dabei vergessen sie dann z.B. auf die Beschaffung und Lieferung der gekauften Waren oder den Kundenservice nach dem Kauf.
Der Transformationsprozess rein aus der Sicht des Vertriebsmitarbeiters könnte also „Verkäufe zu generieren“ lauten – ohne Angabe dessen, was verkauft wird oder wie die Produkte oder Dienstleistungen zum Kunden gelangen.
Der nächste natürliche Entwicklungsschritt ist nun, die Kunden (C) gezielt zu identifizieren. Das ist ein wichtiger Teil der Technik, denn dabei entdecken Sie, wo genau der Schwerpunkt Ihrer Stakeholder liegt. In einer Situation wie bei unserem Vertriebsszenario könnte der Kunde dier Person sein, die den Kauf tätigt.
Der nächste Aspekt ist, dass Sie sich das Profil der anderen Akteure (A) ansehen. Akteure sind die Rollen, die an der Transformation letzten Endes beteiligt sind. Das können interne Rollen im Unternehmen sein, wie z.B. Assistenten die den Verkaufsvertrag erstellen oder auch externe Partner.
Der Besitzer des Unternehmens steht nun im Fokus der Definition zu dem Buchstaben O (Owner). Der Besitzer ist die Person oder eine Gruppe an Menschen, die die Veränderungen einleiten können.
Schließlich wird noch die Umwelt bzw. Umgebung (E) definiert. Damit sind die Regeln, Einschränkungen, Bedingungen etc. gemeint, die das System/Projekt betreffen. Diese können Sie auch mit anderen Techniken (bspw. PESTLE) erarbeiten.
Als Ergebnise haben Sie nun eine Perspektive auf das System. Wenn Sie nun mehrere solcher Analysen für die wichtigsten Stakeholder erstellen, haben Sie bereits einen ersten und wichtigen Schritt gemacht, um später einen Konsens zwischen Stakeholdern herzustellen.
Unsere Erfahrung ist, dass die Verwendung der CATWOE-Technik sich wirklich hervorragend dafür eignet, die Perspektiven der einzelnen Stakeholder zu verstehen. Treten Sie einen Schritt zurück und betrachten Sie das ganze System samt den Beteiligten, hinterfragen Sie deren Prioritäten und achten Sie auf deren Sichtweise. Sie werden sehen, wie Augen öffnend das sein wird und wie sehr Ihr ganzes Projekt von dieser einfachen Technik profitieren wird!
Wenn Sie mehr über die CATWOE-Technik und deren Einbettung in den Analyse-Prozess lernen möchte, empfehlen wir Ihnen ganz speziell die zwei folgenden Trainings, in denen diese Technik im Detail erklärt wird:
Wir haben heute im Business-Analyse-Podcast die Episode 22 über die CATWOE-Technik veröffentlich. Wer also lieber hört als liest ist dort genau richtig!
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