In unserer Arbeit als Business Analyst kommt es des Öfteren vor, dass wir uns, noch eher es uns bewusst wird, mitten in einem Gespräch befinden, in dem es um etwaige Anforderungen und deren Lösungen geht. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem es sich auszahlt, auf ein Repertoire an Fragen zurückgreifen zu können, die Ihnen und Ihrem Gesprächspartner Zeit spart.
„In allen Dingen hängt der Erfolg von den Vorbereitungen ab.“
Ob wir tatsächlich Konfuzius dieses Zitat zu verdanken haben oder nicht – es ist ein weiser Ausspruch, der wohl aus dem Erfahrungsnähkistchen plaudert.
Ich bin davon überzeugt, dass jeder Erfolg, egal ob bei der Anforderungserhebung oder in welcher Phase sonst auch immer, von ihrer Vorbereitung abhängt. Das gilt bei jeder Art von Kommunikationsinterventionen, gerade auch bei Interviews, der Erforschung einer Problemdomäne oder bei Brainstormingsessions. Gerade darin liegt meiner Meinung nach der Unterschied zwischen einem unerfahrenen Business Analysten und einem Profi: Letzterer hat die Fähigkeit, Situationen richtig zu erkennen und einzuschätzen, um danach die richtigen Werkzeuge anzuwenden. Im Falle eines Interviews wird der erfolgreiche BA Profi auf seinen im Laufe der Jahre gewachsenen Fragen-Pool zurückgreifen.
Im Laufe der Zeit habe ich festgestellt, dass es bestimmte Fragentypen gibt, die in speziellen Fällen sehr gut funktionieren, während andere eher ins Gegenteil führen. Sobald ich wieder über eine solche Frage stolpere, nehme ich mir die Zeit und schreibe sie mir auf, um sie einzuordnen und mir Notizen dazu zu machen. Das hat den großenVorteil, dass Interviews wesentlich schneller und effizienter ablaufen. Wurden Sie in letzter Zeit etwas gefragt, dass Sie ins Grübeln gebracht hat? Oder haben Sie sich über eine Frage geärgert bzw. gewundert? Dann nichts wie auf die Liste damit!
Gehen Sie ruhig ab und an über Ihre Fragensammlung drüber, misten Sie dabei gleich aus und trainieren Sie gleichzeitig Ihr Gedächtnis. Versuchen Sie sich die besten und wichtigsten Fragen zu verinnerlichen. Wieso Fragen nicht wiederverwenden, die sich bereits als erfolgreich herausgestellt haben? Hier trennt sich für mich auch die Spreu vom Weizen: Die Erfahrung (und der Fragenschatz) macht den Experten.
An dieser Stelle will ich mit Ihnen einige meiner wichtigsten Fragen teilen. Diese Fragen, oder die Auszüge dessen, eignen sich für einen Einsatz in fast jedem Interview. Sehen Sie sie bitte nur als Idee! Wenn Sie diese noch nicht in Ihrem „Werkzeugkasten“ aufgenommen haben, dann wird es höchste Zeit das nachzuholen und mit Ihrer persönliche Musterfrage in der passenden Situation zur richtigen Zeit zu glänzen.
Wo sitzt der Schmerz? Welches Problem versuchen Sie mit diesem Vorhaben zu lösen? Was schmerzt so sehr, dass diese Maßnahme so notwendig ist?
Solche Fragen nützen, um den wahren Kern, den Ursprung bzw. das tatsächliche Problem zu erkennen und zu identifizieren. Wenn Sie nach den Schmerzen fragen, ist das für die befragte Person einfacher zu beantworten als wenn Sie nur fragen „Was ist das Problem?“ Es geht darum, nützliche und spezifische Informationen zu erhalten und möglichst schnell konkret zu werden.
Weitere Fragemöglichkeiten:
Was würde passieren, wenn wir dieses Projekt nicht durchführen? Was ist das Schlimmste, das passieren wird, wenn das Projekt nicht umgesetzt werden sollte?
Diese Fragen eignen sich hervorragend, um ein Gefühl für die Wichtigkeit zu bekommen. Im Grunde ist es eine schnelle Plausibilitätsprüfung des Business Cases, um zu überprüfen, ob diese Dringlichkeit rein subjektiver Natur ist oder ob die Ausgaben, die eine solche Maßnahme auslösen wird, investiert werden sollten.
Weitere Fragemöglichkeiten:
Wie würden Sie Erfolg bei diesem Projekt definieren? – Oder: Wann wissen Sie, dass dieses Projekt erfolgreich war? Wie sieht das Ergebnis aus?
Diese Frage hilft Ihnen, die Sicht des Stakeholders besser einzunehmen und die Vision, die er mit diesem Projekt verbindet, zu verstehen.
Weitere Fragemöglichkeiten:
Wer wird sich am meisten darüber freuen, dass dieses Vorhaben gestartet wurde? Wer wird am meisten davon profitieren?
Mit dieser Fragestellung erhalten Sie einen wichtigen Ansatzsatzpunkt, wer die wichtigsten Beteiligten, die Benutzer etc. sind. Diese Frage eignet sich als Ausgangspunkt für User Stories oder User Cases.
Weitere Fragemöglichkeiten:
Gibt es etwas, das ich Ihrer Meinung nach wissen sollte, aber worüber wir in diesem Gespräch noch nicht gesprochen haben? Ist alles rund?
Das ist die beste Abschlussfrage, die Sie am Ende eines Interviews stellen können. Egal, wie viel Zeit Sie in die Planung investiert haben oder wie gut Sie sich im Vorfeld informieren konnten – beenden Sie dieses Gespräch immer mit dieser Frage. Einerseits fühlt sich der andere dadurch wertgeschätzt, andererseits fallen dem Gesprächspartner oft noch Dinge ein, die für die weitere Arbeit von unschätzbarem Wert sein können.
Wenn alle Stricke reißen oder Ihr Repertoire noch nicht so groß ist, machen Sie Gebrauch von der besten Fragetechnik überhaupt: Fragen Sie nach dem Warum. Warum zielt nicht direkt auf eine spezifische Anforderung ab oder versucht nicht über Umwege spezielle Informationen zu entlocken, aber es ist die vielseitigste Frage, die einem Business Analysten zur Verfügung steht. Mit Warum erhalten Sie, egal in welcher Situation oder in welcher Phase, immer zusätzliche und wertvolle Informationen bezüglich der Ursachen. Stellen Sie die Frage nach dem Warum ruhig mehrmals, denken Sie dabei an die Neugier der Kinder, die sich mit einer einfachen Antwort auch nicht zufrieden geben und immer weiterfragen 😉
Noch ein Tipp am Ende: Die beste Frage nützt Ihnen nichts, wenn Sie anschließend die Antwort nicht aufnehmen. Fragen und aktives Zuhören sind untrennbare Zwillinge. Oder anders, wie ein dänisch Sprichwort treffend sagt: Der Mensch hat zwei Ohren und nur einen Mund.
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