Wir Großen können von den Kleinen viel lernen: Mein Neffe kommt gerade in das Alter, bei dem er einen hervorragenden Business Analysten abgeben würde. Jeder seiner Sätze beginnt mit einem „Warum“ oder „Wieso“ und er lässt nicht locker, bis er eine Antwort bekommen hat, mit der er auch etwas anfangen zu können scheint. Kaum hat er eine Antwort auf diese Frage und ich atme durch, in der Hoffnung, nochmals mit einem blauen Auge davongekommen zu sein, stellt er schon die nächste.
Genau das unterscheidet die besten von den guten Business Analysten: Sie sind neugierig und trauen sich, die Fragen, die ihnen auf der Zunge liegen, zu stellen. Und sie wissen, dass derjenige, der fragt, auch führt.
Natürlich. Es gibt viele Gründe, die wir uns einreden, warum wir eine Frage nicht stellen konnten: Vielleicht ist diese Frage bereits gestellt worden und es kam auch schon eine Antwort, die uns aber nicht befriedigt hat. Oder wir haben die Antwort nicht verstanden und trauen uns nicht, nochmals nachzufragen. Vielleicht denken wir auch, wir könnten die Antwort von jemand anderem bekommen und es wäre besser, denjenigen zu fragen und hier nicht alle aufzuhalten.
Aber: Bevor Du nicht fragst, finde lieber einen Weg, wie Du mit Deiner Unsicherheit umgehen kannst und schalte den Kritiker in Deinem Kopf auf stumm. Stell solange Fragen, bis Du auch eine Antwort bekommen hast, mit der Du Dich zufrieden fühlst.
Ich kenne auch diese Situationen, in denen ich für meine Fragen mit rollenden Augen, fragenden Blicken und tiefen Seufzer bedacht worden bin. Aber die spielen sich alle nur in unseren Köpfen ab! Es ist noch kein einziges Mal all die Jahre vorgekommen, dass dieses Szenario auch nur irgendwie vorgekommen wäre! Im Gegenteil, es hat sich jedes Mal gelohnt, dennoch hartnäckig zu sein.
Am Anfang habe ich mich oft nicht getraut Fragen zu stellen, weil ich Angst hatte, alle, die bei diesem Meeting anwesend waren, sind viel schlauer als ich. Kein einziger hat auch nur eine Frage gestellt. Also bin ich wie ein Mäuschen im hinteren Eck gesessen und habe nur mir still die Fragen gestellt. Ich wollte nicht als inkompetent wirken. Bloß nicht auffallen und anecken. Aber die vielen, vielen Male, bei denen Fragen nicht gestellt und Antworten nicht hinterfragt habe, tauchte ein paar Wochen später dasselbe Problem wieder auf. Nur dieses mal eben größer und schwerwiegender.
Ich habe mir deshalb ein neue Einstellung dazu angewöhnt: Wenn ich etwas nicht verstehe, dann gehe ich jetzt davon aus, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht. Und wenn es mir so wichtig ist, diese Antwort wirklich zu verstehen, dann frage ich auch sofort nach. So lange, bis ich mir sicher bin, dass es passt. Ich blende das Augenrollen und die Seufzer in meinem Kopfkino einfach aus.
Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich dafür schon vielen anderen Personen ebenfalls einen „Aha-Moment“ schenken konnte bzw. vielen anderen auch das eine oder andere Licht aufgegangen ist und sie mir im Endeffekt sehr dankbar dafür waren.
Die besten BAs machen sich wenig Sorge darüber, wie sie in diesen kurzen Momenten wirken oder ob sie vielleicht den einen oder anderen nerven könnten. Vielmehr achten sie darauf, dass sie langfristig ernst genommen werden und vor allem dem Projekt Nutzen und die bestmögliche Lösung bringen. Sie stellen Fragen bis sie eine zufriedenstellende Antwort bekommen haben.
Ab und an nervt mich der kleine Zwerg mit seinen ständigen Fragen gewaltig, aber eines muss ich ihm lassen: Irgendwie imponiert er mir doch sehr…
Was ich noch von meinem Neffen gelernt habe? Es ist besser, wenn ch zugebe, dass ich die Antwort nicht weiß, als wenn ich irgendeinen Quatsch behaupte, den er mir entweder nicht glaubt oder auf den mich dann aufgebrachte Eltern ansprechen. Aber das ist eine andere Geschichte 😉
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