Ab dem 7. September 2021, ist Bitcoin neben dem US-Dollar die offizielle Währung von El Salvador, dem 6,5-Millionen-Einwohner-Staat in Mittelamerika.
Wer sich bisher nicht mit Bitcoin auseinandergesetzt hat, für den mag es überraschend kommen: Ein Staat führt Bitcoin als Währung ein? Tatsächlich ist es so.
In diesem Artikel zeige ich, welche Vorteile Bitcoin-Zahlungen haben, welche Technik hinter dem „Lightning-Netzwerk“ steckt und wie jeder auch außerhalb von El Salvador schon heute davon profitieren kann.
Bitcoin
Bitcoin wurde 2009 von Satoshi Nakamoto (ein Pseudonym) erfunden und ist die erste und weltweit marktstärkste Kryptowährung, basierend auf der Blockchain-Technologie. In den letzten 12 Jahren hat sich Bitcoin rasant entwickelt und vor allem in der Praxis bewährt. Was anfangs nur eine Handvoll Kryptographie-Experten interessiert hat, wird heute als „digitales Gold“ und „Geld der Zukunft“ gehandelt. Aber eigentlich ist Bitcoin bereits voll und ganz in der Gegenwart angekommen.
Bitcoin Beach
El Zonte ist eine kleine 3.000-Einwohner Stadt am Meer in der Nähe von San Salvador, der Hauptstadt von El Salvador. Der Strand ist ein beliebtes Reiseziel von Surfern, die dort wunderbare Wellen im Pazifik erwarten können. Aber der Strand hat eine weitere Besonderheit: Man kann dort bereits heute so viele Waren und Dienstleistungen mit Bitcoin bezahlen, wie sonst nirgends auf der Welt. Im Jahr 2019 wurde eine große anonyme Bitcoin-Spende über Michael Peterson eingebracht, der sich Vorort für ein Sozialprojekt einsetzte. Durch die Spende wurde rund um den Strand eine Art Bitcoin-Wirtschaftszone ins Leben gerufen, die „Bitcoin Beach“ genannt wird. Seitdem ist das Projekt gewachsen und laut Peterson haben bereits 90% aller Familien in El Zonte zumindest einmal eine Bitcoin-Transaktion durchgeführt.
Das Projekt wurde immer bekannter und hat schließlich auch den Präsidenten von El Salvador, Nayib Bukele, inspiriert Bitcoin im gesamten Staat zu fördern und zur Währung zu machen. In El Salvador wurde erst 2001 der US Dollar als Landeswährung eingeführt, das hat dem Land Vorteile im Handel verschafft aber auch von der Geldpolitik der USA abhängig gemacht. Die größte Devisenquelle sind Überweisungen von Salvadorianern, die in den USA arbeiten. Da jedoch viele Menschen in dem Land keinen Zugang zu Banken haben, sind diese Überweisungen sehr teuer. Nicht selten fallen bei Transaktionen im Wert von 20 USD bis zu 5 USD Spesen an.
Vorteile von Bitcoin-Zahlungen
Das Bitcoin-Netzwerk benötigt keine Banken. Bitcoin basieren auf Verschlüsselung – also im Grunde Mathematik. Das gesamte Netzwerk ist vollkommen dezentral: Jeder kann mit sehr einfachen Mitteln Bitcoin speichern und transferieren. Jeder kann unter Aufwendung von Energie Bitcoin erzeugen. Da die Berechnungen jedoch sehr aufwändig und Bitcoin auf maximal 21.000.000 Stück limitiert sind, sind Bitcoin selten und sehr wertvoll. In der vergangenen Woche schwankte der Bitcoin-Kurs zwischen 39.000 und 43.000 EUR.
Für die Salvadorianer – aber auch jeden anderen Erdenbürger – können sich durch Bitcoin viele Vorteile ergeben:
- Man benötigt kein Bankkonto, um Bitcoin zu besitzen und keine Zustimmung irgendeiner dritten Partei. Ein Smartphone mit Internetzugang ist vollkommen ausreichend, um Bitcoin nutzen zu können. Das hat besonders für unterdrückte Menschen eine große Bedeutung: Kein Diktator kann verhindern, dass man sich eine Bitcoin-Wallet anlegt. Und gerade in Ländern, wo Ungleichheit herrscht und beispielsweise Frauen offiziell keiner Arbeit nachgehen geschweige denn ein eigenes Bankkonto besitzen dürfen, bringt eine Bitcoin-Wallet ein Stück Freiheit zurück, die für uns Europäer ganz selbstverständlich ist.
- Auch bei uns gibt es immer wieder Fälle, wo beispielsweise marktbeherrschende Zahlungsanbieter Firmenkunden aussperren, teils aufgrund von Fehlern, aber teils auch aufgrund von mehr oder weniger transparenten Regeln. Mit Bitcoin können Firmen Zahlungen annehmen und haben die eigene Zahlungsinfrastruktur 100% unter Kontrolle.
- Ein weiterer Vorteil sind die geringen Transaktionskosten. Mit Bitcoin können beispielsweise Euro-Millionen-Beträge für nur wenig Cent an Gebühren bewegt werden. Außerdem sind mit dem sogenannten Lightning-Netzwerk auch Mikrozahlungen im Cent-Bereich möglich, die trotzdem nur einen Bruchteil an Gebühren kosten.
- Bitcoin-Transaktionen sind nicht nur günstig, sondern auch schnell, denn das sogenannte „Settlement“ ist inkludiert. Während man als Händler bei Kreditkartenzahlungen durchaus mehrere Wochen auf sein Geld warten muss, sind Bitcoin-Transaktionen sofort gültig und unwiderrufbar.
Bitcoin-Zahlungen empfangen und versenden
Firmen und Private hierzulande müssen nicht darauf warten, dass Bitcoin ein offizielles Zahlungsmittel wird, um die Vorteile zu nutzen. Da auf Crypto-Börsen zu jeder Zeit Bitcoin in Euro oder andere Währungen getauscht werden können, eignen sich Bitcoin schon heute als Zahlungsmittel für Dienstleistungen und Produkte.
Während das Bitcoin-Netzwerk für größere Beträge geeignet ist, können kleinere Beträge sehr günstig über das sogenannte Lightning-Netzwerk empfangen und versendet werden.
Lightning ist eine sogenannte 2nd-Layer-Technologie, baut also als eine zweite Ebene auf der Bitcoin-Basis auf. Genauso wie die Basistechnologie Bitcoin ist auch das Lightning-Netzwerk dezentral und zensurresistent. Um eine Lightning-Zahlung durchführen zu können, reicht es, sich eine App mit Unterstützung für Bitcoin-Lightning auf dem Smartphone zu installieren.
Aber auch als Firma, beispielsweise als Online-Shop oder Beratungsunternehmen, kann Bitcoin als Zahlungsmittel genutzt werden. Für Zahlungen in einem Geschäft reicht ebenfalls ein handelsübliches Smartphone und eine App mit Lightning-Unterstützung aus.
Damit Zahlungen für einen Online-Shop rund um die Uhr angenommen werden können, benötigt man eine Lightning-Node. Diese Software verbindet sich mit anderen Knoten im Lightning-Netzwerk und nimmt Zahlungen an und leitet sie weiter. Die kostenlose Open-Source-Software läuft schon auf kleiner und günstiger Hardware, die man bereits ab 200 EUR kaufen kann.
Die häufigsten Online-Shop-Systeme, wie Shopify, Magento oder WooCommerce können problemlos eingebunden werden. Beim Bezahlvorgang wird dem Kunden ein QR-Code angezeigt, der mit einer Bitcoin-Wallet eingescannt wird. Innerhalb von Sekunden landet der Betrag auf der Lightning-Node des Verkäufers:
Einsteigerfreundliche Bitcoin-Wallets die Lightning unterstützen sind beispielsweise BlueWallet oder Wallet of Satoshi.
Sie möchten das selbst ausprobieren? Dann besuchen Sie unseren Online-Shop und wählen bei der Bezahlung die Option „Bitcoin“:
Niedrige Gebühren und neue Geschäftsmodelle
Die an das dezentrale Netzwerk zu zahlenden Gebühren sind meist geringer als 0,1%. Im Vergleich dazu kosten Bezahlungen mit Kreditkarte meistens zwischen 2-4% – ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Gerade für Kleinstbeträge ergeben sich durch Lightning ganz neue Geschäftsmodelle, die sich bisher nicht rentiert hätten.
Ein Beispiel dafür sind Streaming-Angebote, die per Minute bezahlt werden. Mit Lightning lassen sich Podcasts oder auch Videos in noch nie dagewesener Form abrechnen. Für jede Minute, die eine Audio oder Videodatei abgerufen wird, muss beispielsweise ein kleiner Betrag bezahlt werden – ganz ohne Anmeldung, ganz ohne persönliche Daten, absolut unkompliziert. Ein anderer Anwendungsfall sind Artikel von Online-Plattformen. Anstatt nerviger Pay-Walls, die für eine monatliche Abozahlung werben, ist es mit Bitcoin möglich Kleinstbeträge im Wert von einigen Euro-Cent nur für einen Artikel zu verlangen – ohne, dass die Zahlung von Gebühren „aufgefressen“ wird.
Auch diese innovative Bezahlform ist keine Zukunftsmusik, sondern schon heute möglich. Unser (kostenloser) Design Thinking Podcast kann testweise mit Podcast-2.0-App gegen eine minütliche Spende gestreamt werden. Probieren Sie es aus: Laden Sie sich die Breez-App herunter, transferieren Sie einen kleinen Bitcoin-Betrag auf die App und streamen Sie unseren Podcast, den Sie mit einer Suche in der App nach „Gerstbach“ schnell finden werden.
Aufklärung statt Angst
Wenn heute in El Salvador zum ersten Mal auf der Welt Bitcoin zu einer offiziellen Staatswährung wird, werden sich viele Menschen weltweit für diesen Schritt interessieren. Aber es wird auch viele Mahner geben, Leute die Ängste schüren und sogar mit falschen Argumenten gegen Bitcoin ins Feld ziehen, ohne die Funktionsweise und Vorteile der Blockchain-Technologie wirklich verstanden zu haben.
So wie bei jeder Innovation, wird es auch bei Blockchain-Revolution Verlierer geben. Wie bei jeder Veränderung hilft Wissen dabei, Ängste zu nehmen und die Vorteile einer Innovation zu nutzen. Wenn Sie Fragen haben oder Ihre Meinung mit der Community teilen möchten, lade ich Sie herzlich ein unter dem Artikel einen Kommentar zu hinterlassen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem Geld der Zukunft – schon heute.