Im Laufe der nun über 10 Jahre Arbeit im Bereich der Business Analyse habe ich mir einen besseren Überblick darüber, was die eigentliche Funktion von Business Analysten ist, machen können. Müsste ich darüber einen Tweet verfassen, wäre es in unter 140 Zeichen: Ein BA schafft eine Brücke zwischen der IT und dem Unternehmen, um die wahren Anforderungen zu finden und richtig zu übermitteln.
Nun ist die Sache aber doch weitaus komplexer, als ein einfacher Tweet erklären könnte. Nicht nur den Business Analysten selber, auch vielen Unternehmen, die BAs suchen, geht es oftmals so, dass es schwierig ist, die Grenzen innerhalb der einzelnen Projektrollen zu ziehen und zu benennen.
Sowohl in der Literatur als auch am Bürogang wird als wichtigste Eigenschaft eines BAs seine Kommunikationsfähigkeit, aber auch die Fähigkeit Anforderungen zu erheben als erstes genannt. Weiters sind aber auch Eigenschaften wie Moderations-, Interaktions- und Dokumentationsfähigkeiten von unschätzbarem Wert. Sowohl Stakeholder als auch die Projektbeteiligten wollen unterm Strich nur eines: Die perfekte Abwicklung eines Projektes (das beinhaltet naturgemäß auch den Wunsch nach niedrigen Kosten, einem minimalen Zeitaufwand und der Berücksichtigung aller Wünsche und Anforderungen). Kurz ein BA sollte am besten immer einen Zauberstab bereithalten 😉
Bei den meisten IT Berufen gibt es klare Definitionen von ihren Aufgaben. Ein Projekt-Manager hat z.B. die Gesamtverantwortung für die Planung und für deren erfolgreiche Durchführung zu sorgen. Das ist auf den Punkt genau formuliert und jeder im Team weiß sofort, was man von einem Projekt-Manager erwarten kann und inwiefern das Projekt davon profitiert.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch noch eine offizielle Definition, was die Aufgaben eines Business Analysten sind. Das International Institute of Business Analysis (IIBA) schreibt in seiner 2. Auflage im Standardwerk für Business Analysten, dem BABOK (Business Analyst Body of Knowledge):
„Business Analysts must analyze and synthesize information provided by a large number of people who interact with the business, such as customers, staff, IT professionals, and executives. The Business Analyst is responsible for eliciting the actual needs of stakeholders, not simply their expressed desires. In many cases, the Business Analyst will also work to facilitate communication between organizational units. In particular, Business Analysts often play a central role in aligning the needs of business units with the capabilities delivered by information technology, and may serve as a “translator” between those groups.“
Das beschreibt eigentlich in einfachen Worten, was die konkreten Aufgaben eines Business Analysten sind. Oder? Naja, vielleicht ist es nicht ganz so einfach wie es z.B. die Jobbeschreibung eines Projekt-Managers ist. Nicht von ungefähr werden meistens an dieser Stelle Stimmen laut, die nach dem wirklichen Nutzen eines BAs fragen und die meinen, dass dazu doch keine eigene Stelle nötig wäre. Das sind berechtigte Einwände, denn es ist gar nicht so einfach zu erklären, wie eine Analyse tatsächlich funktioniert und wie das Unternehmen letztlich durch die Erreichung des Projektzieles davon profitieren kann.
Ich versuche aber, ganz in Business Analysten Manier, die einzelnen Projektphasen in diesem Artikel voneinander unterschiedlich zu betrachten.
Zunächst einmal die Anfangsphase eines Projektes:
Diese Anfangsphase ist meistens der Zeitraum, in dem zum ersten Mal die Gedanken entstehen, dass es ein Projekt braucht, um ein spezifisches Problem zu lösen. Irgendwo im Unternehmen gibt es eine Stelle, die nicht optimal funktioniert oder ein neues Produkt soll entstehen oder irgendein anderer Grund erfordert ein Projekt.
Das ist die erste Stelle, in der der BA glänzen kann: Seine Rolle ist hierbei, dass er das Problem eindeutig identifiziert, alle Beteiligten dazu befragt, sich ein genaues Bild der Sachlage verschafft, um zu einem späteren Zeitpunkt eine Lösung vorzuschlagen.
Dazu erstellt er einen Business Case, um das Problem direkt in Angriff nehmen zu können, und schlüsselt darin die Gesamtkosten, die das Projekt verursachen wird, auf. Weiters erklärt er den Nutzen, den das Unternehmen von der Lösung erwarten kann.
Ein Irrglaube ist allerdings, dass dieser Business Case – einmal geschrieben – nicht mehr geändert werden kann: mitnichten! Der Business Case wird im Laufe des Projektes ständig überprüft, angepasst und erweitert, um sicherzustellen, dass diese Änderungen auch den versprochenen wirtschaftlichen Nutzen gewährleisten können oder ob nicht doch noch innerhalb der Organisation etwas geändert werden muss.
Die Analyse Phase
In der Analyse-Phase werden die vorher erhobenen Anforderungen bis ins Kleinste auseinandergenommen und definiert, um eindeutig sagen zu können, welches Problem eigentlich tatsächlich gelöst werden muss, um das Ziel zu erreichen.
In dieser Phase wird der BA eng mit dem Entwicklerteam zusammenarbeiten und auch mit einem Architekten, um das Design zu erstellen und zu definieren, wie die Lösung genau aussehen soll.
Während die Entwickler versuchen, den ersten Entwurf zu liefern, ist der Rest des Projektteams in der Zwischenzeit damit beschäftigt, anhand des Designs und der Anforderung zu überprüfen, ob diese Anforderungen auch wirklich machbar sind. Die Aufgabe des BAs ist dabei sicherzustellen, dass das die Design auch die tatsächlichen Anforderungen erfüllt und die Tester diese auch testen.
In dieser relativ frühen Projektphase untersucht der BA die möglichen Änderungen und identifiziert deren genauen Kosten bzw. achtet auf eine möglichst kostengünstige Lösung des Problems. Nachdem die ursprünglich benötigten Anforderungen dokumentiert wurden, sind die Tester gefragt sicherzustellen, ob sie auch tatsächlich eine geeignete Lösung für das Problem darstellen.
Entwicklung
Die Entwicklungsphase ist vielleicht die größte Herausforderung für einen BA. Zunächst lässt der Stress mit dem Wissen, dass sowohl die Qualitätsanforderungen als auch das Design sicher geliefert wurden, nach, der in der Analysephase aufgebaut worden ist. Allerdings ist diese neue Phase sehr heikel und der BA darf sich auf keinem Fall zurücklehnen! Denn genau an dieser Stelle ist er gefragt, um in Gesprächen mit dem Entwicklungsteam, in täglichen Besprechungen und allgemein die Augen und Ohren offen zu halten und vor allem wachsam zu sein, was mögliche Abweichungen im Kurs betrifft, die sonst gegebenenfalls unentdeckt bleiben würden.
Test-Phase
In der Testphase kann der Business Analyst wieder aufatmen. In dieser Phase ist ein Prozess im Gange, bei dem das Test-Team prüft und die Anforderungen identifiziert. Dabei muss der BA Prioritäten setzen und vor allem die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens im Auge behalten.
Streitigkeiten zwischen dem Unternehmen und der Entwicklung über dem, was ist, und dem, was sein sollte, werden häufig durch den BA anhand seiner Dokumentation in der früheren Phase gelöst. Alleine die bloße Existenz dieses Dokumentation wirkt wahre Wunder: Eine Seite kann so leichter Fehler eingestehen und das Problem kann einvernehmlich gelöst werden.
Umsetzung
Die Implementierungsphase ist nicht das Ende für den Business Analysten. Es ist die letzte Chance, die Dinge in die richtige Bahn zu lenken und Korrekturen vorzunehmen.
In dieser Phase sollte sich der Business Analyst bewusst sein, wie das System tatsächlich funktioniert: Sehen alle wirklich die Vorteile des geplanten Business Case? Gibt es Unterlagen und/oder Schulungen, die dabei unterstützen können? Wer kennt den Business Case genauso gut wie seine rechte Tasche?
Jede einzelne dieser Phasen stellt einen gemeinsamen Projektzyklus zu den Themen Entdeckung, Validierung und Verifizierung dar.
Dürfte ich die Frage nach der Aufgabe eines Business Analysten erneut beantworten, würde ich diese wohl jedem Unternehmen so oder so ähnlich erklären:
Die Aufgabe eines Business Analysten ist zu wissen, was das Ziel des Projekts ist , wie dieses am kostengünstigsten und effizientes erreicht werden kann, damit am Ende keine Änderungen mehr notwendig sind, und gewährleistet, dass alle Lösungen und Entwicklungen innerhalb dieses Projektes am Ende auf das Unternehmensziel ausgerichtet sind.
Im Wesentlichen ist ein Business Analyst ein Navigator, der dafür verantwortlich ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Der Business Analyst weiß immer, wie das Endziel aussieht, wie man dorthin kommt und kann mit eventuellen Kurskorrekturen eloquent umgehen.
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