Wer kennt diese Vorurteile nicht: Frauen reden um den heißen Brei, während Männer sofort tacheles sprechen und zum Punkt kommen. Ist das wirklich ein Klischee oder steckt da nicht ein Fünkchen Wahrheit dahinter?
Ich hörte vor einige Zeit einen spannenden Vortrag zum Thema Geschlechterentwicklung, in dem die These vertreten wurde, dass das Geschlecht hauptsächlich erzogen wird. Ganz vereinfacht sieht es demnach so aus, dass die Genetik vorschreibt, ob wir als Mann oder Frau auf die Welt kommen, die Erzieher erledigen quasi den Rest (also ob das Mädchen mit Barbie spielt oder das Feuerwehrauto herauskramt, ob der Bub lieber Fußball spielt oder in der Puppenküche Teegesellschaften gibt).
In meiner täglichen Arbeit erlebe ich aber immer wieder, dass es gerade in der Business Analyse männlich kommunizierende Frauen ebenso wie weiblich kommunizierende Männer gibt. Zwar scheint es immer noch klassische männliche und weibliche Sprechweisen zu geben, doch werden die eben nicht mehr ausschließlich von einem Geschlecht benutzt. In der Welt der Business Analyse herrscht meiner Erfahrung nach vor allem der eher männliche Stil:
Eine Begrüßung mit einem IT Spezialisten mit „Hallo mein Lieber, wie fühlst Du Dich denn heute?“ wird bestenfalls ignoriert, im schlimmsten Fall mit einem Kopfschütteln und einem „Was ist denn mit dem los? Der ist ja reif für die Klapse!“ quittiert. Wenn Menschen vor allem mit nüchternen Fakten und Tatsachen den ganzen Tag zu tun haben, wie es nun mal häufig in der IT der Fall ist, dann führt solch eine Begrüßung zur Irritation.
Spannend ist für mich zu beobachten, dass es wirklich egal ist, ob der angesprochene ITler ein Mann oder eine Frau ist. Frauen, die sich in hauptsächlich männlicher Umgebung befinden, passen sich schnell dem sprachlichen Duktus der Umgebung an.
In der weiblichen Arbeitswelt, wie es zumeist im Marketing oder PR der Fall ist, liegt die Kommunikation auf der Beziehungsebene. Der Sprachstil wird eher emotional und beziehungsorientiert sein und weniger effizient und sachlich.
Sehr interessant wird es, wenn in einem Projekt beide Welten aufeinanderprallen und miteinander kommunizieren. Nicht selten kann es dann zu sprachlichen Missverständnissen und einem unangenehmen Knistern in der Luft kommen. Während in der weiblichen Arbeitswelt zunächst nach dem Wohlbefinden gefragt wird, geht es nach männliche Manier ohne Umwege sofort in media res und Infos werden nüchtern ausgetauscht.
Die Vorliebe für eine Anwendung der Stilrichtung zeigt sich auch im schriftlichen Verkehr. Ein (etwas überzeichnetes) E-Mail Beispiel dazu:
Lieber Stefan,
Wie war Dein Wochenende? Konntest Du Dich gut erholen?
Wie versprochen melde ich mich bei Dir bezüglich eines Meetingtermins. Wann wäre es Dir Recht?
Alles Liebe,
Kathi
Angenommen, Stefan wäre ein ITler, dann würde eher vermutlich so schreiben:
Hallo,
passt nächsten Mo 16h für das Meeting?
LG,
Stefan
Während Stefans Mail im Marketing-Team als unfreundlich interpretiert wird, stöhnt die IT Gruppe womöglich schon auf, sobald sie den Absender sehen.
Weiblich kommunizierende Mitarbeiter formulieren aber auch Aufforderung indirekt und bittend und geben Aussagen wie „Das wäre wirklich sehr dringend“ als Motivation mit.
Das männliche Pendant dagegen spricht lieber im Apell-Stil. Missverständnisse und Spannungen können aber auch dabei entstehen, wenn z.B. eine Aufforderung nicht als solche verstanden wird oder die kurz und bündige Mail als unfreundlich und ablehnend interpretiert wird.
In Meetings habe ich die Erfahrung gemacht, dass die männlichen Kommunikationstypen von Anfang an ihre Position definieren und deswegen eher in Ich-Botschaften sprechen und Gesagtes wiederholen. Emotionale Äußerungen und Gemeinschaftsgefühle durch den Einsatz von „Wir“ werden dagegen eher im weiblichen Sprachgebrauch zu finden sein. Hierarchien sind hier nicht so wichtig als gemeinsam eine Lösung zu finden.
Gerade in der Arbeit als Business Analysten, die viel mit verschiedenen Menschen aus den unterschiedlichsten Teambereichen zu tun haben, ist es hilfreich zu erkennen, mit welchem Sprachtypen sie es gerade zu tun haben: Spricht er oder sie eher sachlich (männlich) oder emotional (weiblich)? Dementsprechend solltest Du Dich auf Dein Gegenüber einstellen und die Kommunikationseinstellung spiegeln. Wenn ein weiblich kommunizierender Kollege mit Appellen konfrontiert wird, wird ihn das eher verstören. Ein männlich sprechender Gesprächspartner wird der Umweg über unverbindliches Geplauder schnell nerven.
Aber wie gesagt, lass Dich nicht täuschen: Ob jemand die männliche oder die weibliche Stilrichtung bevorzugt, ist nicht eine Sache des (genetischen) Geschlechts!
In diesem Sinne wünsche ich Euch viel Spaß beim Ausprobieren und Testen der verschiedenen Kommunikationstypen! Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir ein Kommentar hinterlasst, welche Erlebnisse Ihr dabei hattet!
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