Gestern Abend ist es wieder passiert: Ich sitze mit meinem Vater an einem Tisch und bespreche etwas, als das Telefon läutet. Gleichzeitig höre ich ein mir bekanntes und unliebsames Geräusch aus der Küche: Das kochende Wasser hat den Topf verlassen… Während ich also mit dem Telefon in der Schulter eingeklemmt in die Küche laufe, höre ich meinen Vater weiterreden, beim Telefonat weiß ich auch nach 10 sek. noch nicht, wer eigentlich am andere Ende dran ist. Fazit: Mein Vater ist beleidigt, weil ich ihm nicht zuhöre, mein Gesprächspartner hat aufgelegt (und mit unbekannter Nummer angerufen) und die Küche sieht aus wie, naja, eh schon wissen…
Es ist in aller Munde und kaum jemand, der nicht stolz darauf verweist, wie gut er oder sie nicht darin ist: Multitasking. Diese Fähigkeit wird vor allem Frauen nachgesagt, Männer haben den großen Vorteil, dass sie von diesem Mythos nicht betroffen, sondern sogar meistens explizit ausgenommen sind. Wenn ich das Wort „Multitasking“ höre, dann schießt mir folgendes Bild in den Kopf: Eine Frau, die ein Baby im Arm hält, telefoniert, gleichzeitig die Türe mit dem Fuß aufkickt und dem anderen Kind sagt, dass sie sieht, was es gerade macht 😉
Wir befinden uns in einer so schnelllebigen Zeit, dass die Verlockung nahe liegt, alle Dinge auf einmal zu machen, damit wieder mehr Zeit für anderes vorhanden ist. Wie ein Jongleur nehmen wir immer eine Tätigkeit mehr um die anderen auf, während die andere aus der Luft rasant schnell auf uns zuschießt. Anstatt der erhofften Zeitersparnis führt es dazu, dass meistens alle Bälle gleichzeitig am Boden landen.
Multitasking hat in unserer Gesellschaft einen sehr positiven Klang. Bei der Personalsuche wird schon fast darauf geachtet, ob jemand ein Multitasker ist oder nicht. Oft nehme ich auch in einem Gespräch wahr, wie stolz die Leute auf ihre Multitasking-Fähigkeiten sind und dass sie ohne diesen ihren Alltag nicht so managen könnten. Es wirkt fast wie eine Art Auszeichnung.
Dabei scheinen die wenigsten die Gefahr, die im Multitasking steckt, zu erkennen: Jedes Mal, wenn ich von einer Aufgabe zur nächsten springe, verliere ich die Konzentration auf die ursprüngliche Sache und ich brauche viel Zeit, um mich wieder in den Ursprungszustand hineinzufinden. Zeit, die ich eigentlich dafür aufbringen könnte, die Aufgabe erfolgreich zu lösen.
Externe BAs, die für ein einziges Projekt in ein Unternehmen gerufen werden, arbeiten meistens effektiver. Das liegt vielleicht auch daran, dass interne Mitarbeiter oft parallel noch andere Dinge, die auch in ihren Aufgabenbereich fallen, erledigen müssen. Sie können ihren Fokus eben nicht auf nur ein Projekt legen. Manch interner BA ist gleich in mehrere Projekte eingeteilt und beantwortet so das Telefonat zu einer Frage aus Projekt X, während er gleichzeitig dem Projektmanager aus dem Projekt Y mailt.
Aus diesem Teufelskreis herauszukommen, ist sicher keine einfache Aufgabe oder etwas, das von heute auf morgen passieren wird. Aber dennoch gibt es ein paar Kniffe, um den Multitaskingwahn zumindest ein wenig Einhalt zu gebieten.
* Versuche Dir Zeiten zu blocken: Die Arbeit eines BAs ist komplex und es reicht nicht aus, wenn Du Dir hier und da mal 20 min. freispielst, um Mails zu sortieren, Gesprächsnotizen durchzugehen oder Dich auf ein Meeting vorzubereiten. Kaum bist Du nämlich bei den ersten wichtigen Infos angelangt, klopft der nächste an der Türe und braucht Deine Problemlösungsqualitäten. Um diese Dinge zu meiden, blocke in Deinem Kalender ein paar Stunden und nutze diese dann auch, um konzentriert in dem einen Projekt weiterzuarbeiten oder Dich für die eine Sitzung vorzubereiten. Ja, dazu gehört auch, dass Du während dieser Zeit Deine Mails abdrehst, das Handy auf lautlos schaltest und im Chat angibst, in einer Besprechung zu sein.
* Bleibe mit Deiner Aufmerksamkeit bei einer Sache: Wenn Du in einem Meeting bist, dann sei nur in diesem Meeting! Wenn Du gerade mit jemanden diskutierst, dann diskutiere nur mit dieser Person. Wenn Du eine Mail schreibst, dann schreibe nur diese Mail. Was ich damit sagen will: Es ist oft schwer Gedanken an die nächsten Schritte zu widerstehen, aber versuche einmal, Deine volle Aufmerksamkeit auf die eine Tätigkeit, die Du gerade ausübst, zu fokussieren! Das wirkt Wunder und neben der effizienten Arbeitsweise, nimmt es auch den Druck und Stress, weil Du sehen wirst, wie viel weitergeht!
Wir alle wollen im Grunde unsere Arbeit mehr als zufriedenstellend tun und noch produktiver handeln. Aber Multitasking ist nicht der richtige Weg, sondern nur eine Verlockung, der es zu widerstehen gilt.
Ich werde es ab jetzt auch so handhaben und versuchen, meine volle Aufmerksamkeit auf die momentane Situation zu lenken. Das heißt, dass das Wasser nicht überkochen wird, während ich telefoniere, weil ich es erst nach dem Telefonat aufstellen werde und warte bis es kocht und dabei nichts anderes tue als dabei zuzusehen und mich zu entspannen 😉
Bist Du ein Multitasker? Was sind Deine Erfahrungen dazu?
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